Tärnö: Wir feiern Kräftskiva in Schweden

„Ein Krebs, ein Schnaps, ein Lied“: so lassen sich die drei Hauptbestandteile des schwedischen Krebsfestes (Kräftskiva), das im August gefeiert wird, treffend beschreiben – das wissen wir nun aus eigener Erfahrung. Aber von vorne:

Wir kommen gerade von einem Spaziergang auf der Schäre zurück und schlendern Richtung Boot, als wir von einem deutschen Segler angesprochen werden. Er liegt an einem anderen Steg in Tärnö und ist erstaunt, dass an diesem Wochenende so viele Schweden hier sind. Im Zelt des kleinen Kiosks der Schäre sitzen sie beisammen und essen. Wir erzählen ihm, dass wir bei unserer Ankunft erfahren haben, dass sich die schwedische Gruppe an diesem Wochenende hier trifft, um das Krebsfest zu feiern. „Ach, das ist heute? Das feiern die in ganz Schweden!“, brach es aus ihm heraus.

Als wir wenig später an wieder bei uns an Bord sind und uns gerade überlegen, was wir zu Abend essen können, klopft es bei uns ans Boot. Draußen steht der Schwede vom Motorboot gegenüber, der uns am Tag zuvor schon gefragt hat, ob er für uns auch Brötchen zum Frühstück mitbestellten soll, so wie er das für die anderen Boote seiner Gruppe macht. Er lädt uns ein, mit ins Zelt zu kommen und Kräftskiva mit ihnen zu feiern.

Die Tradition des Kräftskiva (Krebsfest) reicht bis in 16. Jahrhundert zurück. Dabei werden traditionell Süßwasserkrebse serviert: Flodkräfta (Flusskrebse) und Signalkräfta (Signalkrebse). Bis vor ca. 30 Jahren war es von November bis Anfang August verboten, Krebse zu fangen. Jeweils am ersten Mittwoch im August wurde die Krebsfangsaison eröffnet und der erste Fang von den Fischern mit der „Kräftskiva“ gefeiert. Als wir das Zelt betreten, werden wir direkt mit allem ausgestattet, was man für ein Kräftskiva braucht: Krebse und anderes selbstgemachtes Essen von einem kleinen Buffet, schwedisches Bier und – wahrscheinlich das wichtigste an diesem Abend – der passenden Deko in Form eines mit Krebsen verzierten Papierhütchens, das hier jeder trägt.  Was hier gefeiert wird, ist aber auch so nicht zu übersehen: das ganze Zelt ist mit Krebsdeko geschmückt, von den Lampions, über die Tische bis hin zu den Servietten und offiziellen Liedzetteln, die eine Reihe unterschiedlicher Lieder beinhalten.

Wir sitzen neben einem älteren Ehepaar und lernen von ihnen, wie man die Krebse fachmännisch auseinander nimmt. Alle paar Minuten stimmt ein anderer eines der traditionellen Lieder an, ein Akkordeon wird rausgeholt und wir lernen mit Hilfe der Schweden unsere ersten Kräftskiva-Lieder. Alles ist sehr familiär, wir werden sehr herzlich willkommen geheißen und alle bieten uns etwas von ihrem selbstgemachten Essen an. Wir sind begeistert von der Atmosphäre und dass wir von der Gruppe eingeladen wurden, mit Ihnen zu feiern, denn im Gegensatz zu Midsommar, das im großen Kreis gefeiert wird, wird das Krebsfest eher in kleinerer, privater Runde gefeiert.

Anlegen auf Schwedisch

Dass die Truppe sehr gastfreundlich ist, haben wir schon am Tag zuvor bei unserer Ankunft gemerkt:  An den beiden kleinen Stegen liegen an diesem Wochenende so viele Boote, dass das wohl nur mit einem guten Auge und einer gewissen Affinität zu Tetris möglich ist. Als wir am Freitag Hanö verlassen haben und um die letzte Schäre segelten, waren wir erstaunt, als wir den vollen Steg von Tärnö sahen, entschlossen uns aber, dennoch heranzufahren. Einige Männer der schwedischen Gruppe, die sich dort unterhielten sagten uns, dass wir uns erst einmal zwischen zwei Motorboote legen sollten, aber später noch kurz ablegen müssten, da noch zwei weitere Motorboote erwartet werden.

Nachdem das erste Motorboot fachmännisch in eine kleine verbliebene Lücke eingeparkt wurde und wir uns wieder langsam dem Steg näherten, übernahmen die Schweden unsere Leinen, um uns beim Anlegen behilflich zu sein. „Wie viel Tiefgang habt ihr?“, fragte einer der Schweden, bevor er uns nach unserer Antwort zurief, dass vorne am Steg noch zwei Meter Wassertiefe sei und wir daher da noch locker reinpassen würden. Gesagt getan: schneller als wir gucken konnten, zogen uns drei Schweden millimetergenau in der verbliebenen Lücke zwischen Motorboot und Steg bis nach vorne. Wenig später wurden dann die letzten freien Meter hinter uns von dem zweiten Motorboot belegt und wir waren eingeparkt: etwas Besseres hätte uns an diesem Wochenende wohl nicht passieren können!